Seit ein paar Tagen bin ich 50 und meine eigene Zielgruppe, denn auf meinem Briefpapier steht ich betreibe ein „50plus-Kompetenzzentrum“.
Je näher ich auch die 50 zuging, desto peinlicher wurde mir dieser Begriff. Ich erinnere mich noch an meinen Zorn, als ich vor 15 Jahren aus einem Online-Forum mit dem Namen „Silver-Ager“ geworfen wurde. Warum? Nun ich verkündete stolz bald 50plus- Marketing betreiben zu wollen. Da meinten diese Oldies in dem Forum glatt, das wäre totaler Blödsinn und bezeichneten mein Vorhaben sogar als Frechheit! Was war ich erbost über so viel Unverständnis.
Heute denk ich mir: Wie kam ich damals eigentlich auf diese Bezeichnung? War es jugendlicher Übereifer, jugendliche Klugscheißerei oder Überheblichkeit? Oder war es Hilflosigkeit, weil beim Thema Alter einfach unsere Sprache versagt und es kaum positive Assoziationen gibt?
Jetzt habe ich wochenlang an den Vorbereitungen meines Blogs gearbeitet.
Eine älterwerdende Frau berichtet aus ihrem Leben und ihrer Arbeit, so das Ziel des Blogs. Eine Alterswissenschaftlerin reflektiert, beruflich und privat, das Älterwerden. Dafür braucht es natürlich einen tollen Blognamen. Eh klar. Tja, und da war sie wieder die leidliche Namenssuche. Genauso verzwickt wie damals vor 14 Jahren, als dieses peinliche „50-plus-Kompetenzzentrum“ entstand.
Wo immer ich hinsehe, was immer ich lese, wen immer ich frage – zum Thema Alter gibt’s vor allem negative Zuschreibungen. Die Demographen meinen wir wären „überaltert“, die Politik hat Angst vor der „Rentnerlawine“ und der „Altenlast“, die Boulevardmedien rufen „Hilfe, wir vergreisen!“ und die Jungen nennen den Seniorentarif netterweise „Runzelrabatt“. Ein älterer Mann wird als „alter Sack“ und „alter Knacker“ tituliert oder, wenn es netter ausfallen soll, als „Gruftie“. Die ältere Frau ist eine „alte Schachtel“, eine „alte Tschäse“ oder ein „altes Haus“ und mehrere Exemplare davon verbreiten „Altweibergeschwätz“. Treten ältere Frauen und Männer in der Gruppe auf sind sie ein „Krampfadergeschwader“ und Teil der „Generation Kukident“. Zum Begriff „kinderleicht“ hat sich längst der Begriff „omaleicht“ oder „greiseneinfach“ gesellt. Meine Lebensversicherung hat mir kürzlich meine „Restlebenserwartung“ vorgerechnet und ab dem 60. Lebensjahr gehört man ohnehin zu den „pflegenahen Jahrgängen“. Schöne Aussichten!
Sprachliche Altersdiskriminierung ist Alltag. Positive Begriffe in Zusammenhang mit Alter(n) haben Seltenheitswert und sind oft matte (aber wichtige!) Versuche die sprachliche Altersdiskriminierung zu überwinden, dazu gehören Begriffe wie „50plus“, „Altenkompetenz“, „Seniorenexpertin“ und Umschreibungen wie „Spätlese“.
In einem Facebookforum rief ich auf, mir Assoziationen zu „Frau mit 50“ zu nennen, weil ich einen Domainnamen suchen würde. Auch dort wurde festgestellt, dass zuerst vor allem negative Begrifflichkeiten einfallen. Diskutiert wurden dann in Folge „alteschachtel“, „goldengirl“, granddame“ und „spätlese“. Mit keinem Begriff war ich aber wirklich glücklich!
Dann kam meine Freundin Gertrud mit dem Begriff „Vielfalten“ und es machte „klick“. Ich mag Wortspielereien! Zeitgleich stolperte ich über eine Homepage mit dem Titel „Advanced Style“, es ging dort um modebewusste ältere und alte Frauen. Daraus entwickelt hat sich jetzt mein Claim: VielFalten – fortgeschritten leben jenseits der 50.
Das passt zu mir und zu meinem Leben. Das gibt darüber Auskunft, wie ich über das Älterwerden denke. Ich mag meinen Domainnamen und den Claim! Und was sagt Ihr dazu? Was geht Euch/ Ihnen dabei durch den Kopf?
Mag. Doris Fölsch meint
Ich hab weder Facebook, noch Whatsapp (hab erst mal nachschauen müssen wie man das schreibt) und lese aus sehr sehr selten Bloggs. Aber Besonderheiten leiten dazu auch mal Ausnahmen zu machen und diese Besonderheit ist dieser Blogg. Der Name „Vielfalten“ ist einfach cool!!! Super schönes Wortspiel und Dein Text, liebe Sonja wunderschön, herzerfrischend und ehrlich geschrieben. Gratulation zu Deinem Mut, zu Deinem positiven Blick und Deinem ver-rücktem Denken! Für Deinen Blogg werde ich mir ab und zu die Zeit nehmen – bin neugierig und gespannt. Noch 6 Jahre dann werde ich den 50er auch folgen :-) – bisher finde ich das Älter werden super – das Leben wird mit zunehmender Erfahrung eigentlich einfacher!!
Alles Liebe und alles Gute für Deine vielen außergewöhnlichen Ideen
Mag. Doris Fölsch
Sonja Schiff meint
Liebe Doris, schön, wenn Du ab und zu vorbei kommst!
veronika meint
Liebe Sonja,
hab so einen Riecher, dass dein Blog ein großer Erfolg werden wird! Horst und ich finden es super, wie du deine Ideen in die Tat umsetzt! Das ist eine deiner großen Stärken!
Sonja Schiff meint
Das wäre super! Danke für deinen Zuspruch!