Kürzlich hatte ich überraschend einen freien Tag in Wien. Was für eine Freude! Ein wenig Shopping, ein wenig im Wiener Kaffeehaus sitzen und mich an den grantigen Kellnern erfreuen, danach durch den Garten des Belvederes schlendern und die aktuelle Ausstellung besuchen, sie trägt den Titel „Die Kraft des Alters“.
Quer durch alle darstellenden Kunstsparten – Malerei, Bildhauerei, Tanz, Fotografie, Video und Performance Art – zeigt die Ausstellung künstlerische Blickwinkel auf das Thema Alter und Altern.
Vergänglichkeit, Hinfälligkeit und Endlichkeit, das Fortlaufen von Zeit, Verfall, Rückzug und Einsamkeit, Schönheit, Lebenslust und Unabhängigkeit – das sind Begriffe und Assoziationen, denen man auf dieser Ausstellung begegnet.
Die Kuratorin Sabine Fellner hat Werke zusammengetragen von einer Vielzahl von Künstlerinnen, zu sehen sind etwa Altersassoziationen von Herbert Boeckl, Pablo Picasso, Oskar Kokoschka, Käthe Kollwitz, Shirin Neshat, Maria Lassnig, Annie Leibovitz, Pina Bausch, Max Liebermann, Inge Morath, Arnulf Rainer, Egon Schiele, Elfie Semotan, Margherita Spiluttini, Superflux und Henri de Toulouse-Lautrec.
Sehr gefreut habe ich mich auf der Ausstellung auch ein Gemälde von Aleah Chapin zu finden, eine junge Künstlerin, die großformatig und sehr naturalistisch alte Frauen malt, immer nackt und voller Lebensfreude. Ich verehre sie sehr. Sie zeigt Frauen wie sie sind, mit Busen und Bauch, mit Falten und Narben und setzt sie in eine verspielte Szene. Aleah Chapins Frauen wirken dabei so „natürlich“ in ihrem Spielen. Sie setzen sich unserem Blick aus und sind in ihrer Nacktheit sehr verletzlich, aber durch die Selbstverständlichkeit der Nacktheit, durch die Unbekümmertheit ihres Spielens gleichzeitig so stark.
Hier habe ich übrigens Aleah Chapin vor drei Jahren schon am Blog vorgestellt und ich erinnere mich, dass die Reaktionen, vor allen auf Facebook, damals sehr geteilt waren, von Begeisterung bis zu der Aussage „Muss man so viel altes Fleisch zeigen?“ Ja, man muss!!
Sehr berührt hat mich die Selbstportraitserie von Roman Opalka. Dieser wunderbare Künstler hat sich über viele Jahre, Tag für Tag, vor derselben Wand, in demselben Hemd und im selben neutralen Gesichtsausdruck fotografiert und damit das Fortlaufen der Zeit und sein Altern dokumentiert. Sehr, sehr berührend.
Mich faszinieren diese Dokumentationen des Alterns. Deshalb, und weil es von Frauen wenige Serien dieser Art gibt, kam ich ja auf die Idee mein eigenes Altern zu dokumentieren. Vielleicht schaffe ich mit meiner Serie Selfieprojekt 50plus ja auch, auf längere Zeit betrachtet, so ein eindringliches Dokument.
Völlig aus meinem Gedächtnis gefallen, im Belvedere auf der Ausstellung allerdings wieder als Erinnerung aufgefrischt, wurde eine Begegnung im Jahr 2005.
Eine Ines Doujak kontaktierte mich damals, sie hatte gehört ich würde mich mit dem Thema Alter beschäftigen und erzählte mir, dass sie alte Frauen suchen würde für ein Kunstprojekt im Salzburger Künstlerhaus mit dem Titel „Dirty Old Woman“. Ich vermittelte ihr dann auch alte/ ältere Frauen und die Vernissage war großartig.
Ines Doujak hatte Kleider entworfen und es ging eine wunderbare Modeschau über die Bühne. Die alten Frauen – exaltiert, lasziv, schräg, bunt, erotisch – zeigten ein Altersbild fern jeder bürgerlichen Vorstellung, wie alte Frauen zu sein oder sich zu verhalten haben.
Das Projekt „Dirty Old Woman“ ist in der Ausstellung im Belvedere mit einem Video vertreten, gezeigt wird diese Modenschau, und ein Outfit ist auch ausgestellt. Lustigerweise genau jenes Outfit, welches die Mutter meiner damals besten Freundin trug.
Es war schon irgendwie ein tolles Gefühl plötzlich vor dem Video zu stehen, mich zu erinnern und zu wissen, dass ich zu dem Kunstprojekt meinen kleinen Beitrag geleistet habe.
Mir hat die Ausstellung „Die Kraft des Alters“ im Belvedere sehr gut gefallen. Gezeigt wird Alter und Altern ungeschönt, aber fern von Stereotypien und Klischees. Ja, es gibt die Vergreisung, den Verfall, es gibt Hilflosigkeit, ja es gibt Grenzen. Aber das Alter birgt auch Chancen und jeder Mensch definiert sein Alter und sich im Alter selbst.
Noch bis 04. März 2018. Die Kraft des Alters. Unteres Belvedere. Wien.
Prädikat: Besonders sehenswert.
Dieser Beitrag ist KEINE bezahlte Werbung. Ich habe die Ausstellung als interessierte Gerontologin besucht und gebe hier meine persönliche Begeisterung wider, weil ich finde diese Ausstellung sollten sich viele Menschen ansehen.
Leider hatte ich nur meine Handykamera dabei. Bitte verzeiht die schlechte Bildqualität. Ich hoffe Ihr bekommt trotzdem Lust auf die Ausstellung.
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