Ich mag es im Zuge einer geschäftlichen Reise, im Moment bin ich für eine Fortbildung in Köln, ein paar Tage dran zu hängen, um die besuchte Stadt zu erkunden. Alleine zu erkunden wohlgemerkt. Weil die Kombination Geschäftliches und Stadteroberung manchmal richtig anstrengend sein kann, ist mir eine nette Unterkunft besonders wichtig, um auch wieder zur Ruhe kommen zu können. Wenig Wert lege ich dabei auf Luxus. Luxus langweilt mich eher. Was ich viel mehr mag ist Individualität, Kreativität und Originalität gepaart mit Leistbarkeit. In Köln bin ich ganz zufällig in einer wunderbar kunterbunten Jugendstil-Pension gelandet. In der Pension Jansen. Aber der Reihe nach….
Der erste Eindruck war nicht gerade der Beste. Nach 20 Minuten mit Koffer und Gepäck vom Bahnhof zur Pension gelaufen, musste ich meinen schweren Koffer zwei Stockwerke hochschleppen (kein Luft!), um von der Betreiberin der Pension begrüßt zu werden mit den Worten:“Wer sind Sie denn?“ Obwohl gebucht und via Mail drei Monate davor bestätigt, war meine Buchung, aus unerfindlichen Gründen, untergegangen. Als sie mir vorschlug in ihrem privaten Bereich zu nächtigen, setzte ich meine dominanteste Miene auf. Es half. Ich bekam mein Zimmer und ein anderer Gast, jünger als ich, musste weichen. Dass ich mit meinem Verhalten das Vorurteil der unflexiblen Alten bestätigte, ich sah wie es im Kopf der viel jüngeren Pensionsbetreiberin ratterte, war mir ehrlich gesagt schnurzegal. Ich hatte mein eigenes Zimmer! Und was für eins!
Jugendstil, hoher Raum, lila Wände, weiße Stuckdecke, Kristalluster, große Fenster, kleiner Balkon in den Innenhof. Entzückend! Dass es im Zimmer nur eine kleine Waschgelegenheit gab und ich mir ein WC und eine Dusche, sowie ein großes Bad mit anderen Gästen teilen muss, konnte meine Freude über die schnuckelige Pension und mein entzückendes Zimmer nicht trüben. Nach stundenlanger Zugreise und einer ersten Stadtbesichtigung schlief ich in meinem bunten Idyll wie ein Murmeltier und morgens um Sieben eroberte ich als Erste das freie Bad.
Am Morgen war mein Ärger über den unglücklichen Einstieg längst verraucht. Ich bekam ein tolles Frühstück, saß in einem bezaubernden bunten Raum voll Authentizität, die Kinder der Betreiberin liefen den Gang der Pension entlang und das jüngste Kind, bekleidet mit Shirt, Unterhose und Gummistiefel, erklärte mir voll Inbrunst die bunten Figuren auf seinem kleinen aufgespannten Regenschirm.
Es stellte sich heraus, dass die Betreiberin, eine alleinerziehende Mutter, mit ihren beiden Kindern auf der gleichen Etage lebt, die Wohnung nur durch eine Tür getrennt von der Pension. Privat und Beruf ließen sich da zwar nicht so gut trennen, erzählte sie mir später, aber Kinder und Beruf dafür umso mehr. Für sie wäre diese Pension ein Glücksfall.
Im Übrigen hätte sie in dieser Wohnung und dieser Pension selbst ihre Kindheit verbracht. Denn Jennifer Pascher hat 2009 die Pension von ihrer Mutter übernommen. Auch die war Alleinerzieherin. Eine Familiengeschichte wiederholt sich, meinte Jennifer, lachte und erzählte, ihre Kinder würden den gleichen Kindergarten besuchen wie sie und die gleiche Schule.
Beim Führen ihrer Pension ist Jennifer Pascher Nachhaltigkeit spürbar wichtig. Die Pension bezieht Ökostrom. Die Produkte beim Frühstück sind biologisch, außerdem kann man ausdrücklich nachverlangen. In einem Infoblatt wird erklärt, man wolle die Teller nicht einfach so voll füllen, nur um dann die Hälfte des Essens wegwerfen zu müssen.
Dieser Respekt vor Ressourcen passt gut zum Respekt gegenüber der Geschichte des Hauses. Hier ist fast alles noch Original. Die wunderbaren alten Türen des Gründerzeithauses, der Stuck an der Decke, der alte Steinboden am Gang, die Fliesen im Bad, die alten Heizkörper – eine Pension voll Geschichte. Dazu die bunten Farben, die alten Möbel, das teilweise alte Geschirr, die vielen Bilder, die kleinen Lampen. Alles sehr stimmig.
Als mir die Betreiberin am zweiten Tag erklärte, ich müsste mein Zimmer leider wechseln, war mir das eine große Freude. Konnte ich dadurch doch ein weiteres Zimmer erleben. Voila, mein Kleinod der nächsten Tage, dieses Mal in Türkis.
Abschließend ein weiterer Vorteil der Pension Jansen: Die Pension liegt im beliebten Belgischen Viertel, welches als jung, weltoffen und hip gilt. Hier ist man quasi mitten drin in Köln, am Puls der Stadt. Es gibt jede Menge Lokale, Bars, Cafes, Restaurants. Auch die Altstadt ist ganz nah, Kirchen, Museen, Bahnhof, der Rhein sind zu Fuß zu erreichen. Samstag gibt’s ums Eck einen riesigen Flohmarkt und die Shoppingmeilen sind nah. Die waren mir im Übrigen zu viel. So viele Geschäfte, so dicht gedrängt….aber das ist eine andere Geschichte.
Pension Jansen. Richard Wagnerstraße 18, Köln. Einzelzimmer ab 30 Euro, Doppelzimmer ab 65 Euro.
Dieser Beitrag ist KEINE bezahlte Werbung. Ich habe ihn geschrieben, weil ich die Pension einfach toll fand, weil ich das Kind in den Gummistiefeln und mit dem Schirm mochte, weil ich alles so wunderbar heimelig, ungezwungen und ungekünstelt fand und weil ich der Meinung bin, dass man alleinerziehende Mütter unterstützen sollte. Die Betreiberin der Pension weiß nichts von dem Artikel. Ich hoffe sie freut sich darüber, wenn sie einmal davon erfährt.
Miss Kittenheel meint
Klingt nett. Werde ich mir merken :)
Sonja meint
freut mich :-)
Gabi meint
Liebe Sonja. Du bist tolerant, auch wenn die Zimmer wirklich hübsch sind. Ich glaube, da bin ich eine kleine Zicke, wenn mir jemand so kommt. Aber ich gestehe, dass ich es gern hell, groß und schön mag. Kicher. Und umziehen von einem ins andere Zimmer, na ja, wenn nicht sein muss ist es mir lieber. Natürlich ist der Preis super, für diese Lage. Hauptsache es hat Dir gefallen.
Lg. Gabi
Sonja meint
liebe gabi, normalerweise hätte ich nach der begrüßung kehrt gemacht und hätte mir etwas anderes gesucht. aber als ich vor 3 monaten ein zimmer suchte, war die stadt bereits ausgebucht. in so einem moment denkt man nicht an „du kannst mich mal“, man hofft nur dass man bleiben darf :-) nett fand ich die Pension daher auch erst auf den zweiten blick….und das zimmer zu wechseln hat mir da auch mir nichts ausgemacht.
Karin Austmeyer meint
Liebe Sonja, die Pension liegt im Belgischen Viertel von Köln. Das ist total angesagt und Wohnungen dort sind unbezahlbar. Da ist die kleine Pension, als Wohnung für eine kurze Zeit wirklich etwas feines. Auch ich mag den Stil dieser alten Häuser. Ich hoffe, es hat dir in meiner Geburtsstadt gut gefallen. Ich bin, trotz langem Wohnen ausserhalb, nie von ihr losgekommen. Die Stadt ist nicht überall wirklich schön, aber die Menschen sind tolerant und offen und das macht den Reiz aus.
Liebe Grüße und komm gut wieder nach Hause.
Karin
Sonja meint
es war schön dich zu sehen!