Was bei unseren Politikern nur ein müdes Lächeln auslöst oder monatelange heftig polarisierende Diskussionen, wird anderswo zu einem ernsthaften Experiment.
Die Finnische Regierung hat eben erst ein Grundeinkommens-Experiment beschlossen. In davor durchgeführten Umfragen befürworteten 79 % der Finnen das bedingungslose Grundeinkommen.
Visionär diese Finnen! Großartig! Aber wie kommt es zu diesem politischen Mut und zu diesem offenen Blick der Bevölkerung? Hat diese Offenheit eventuell mit Bildung zu tun? Immerhin haben die Finnen das beste Bildungssystem Europas.
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist vom Konzept her ein sozialpolitisches Sozial-Transferkonzept. Zugrunde liegt dem Konzept der Glaube, daß Menschen eine Aufgabe brauchen im Leben, dass sie Herausforderungen suchen und nach einem Sinn im Leben streben und daher ihre Begabungen und Interessen leben wollen.
Beim bedingungslosen Grundeinkommen erhält jede BürgerIn, vom Baby bis zum Greis, eine finanzielle Zuwendung, dies in einer Höhe, die existenzsichernd ist. Die Befürworter des Grundeinkommens sind davon überzeugt, dass Menschen, deren Existenz gesichert ist, dann die Möglichkeit nützen, das zu leben und in Umsetzung zu bringen, was sie tatsächlich sind, wofür sie wirklich brennen. Und da sie tun, was sie tun wollen, wo ihr Herz dran hängt, machen sie ihre Arbeit auch besonders engagiert und gut. Wer mehr darüber erfahren will, kann hier und hier nachlesen.
Klarerweise hat das Grundeinkommen auch viele Kritiker. Das Hauptargument der Gegner ist die „Hängematte“. Sie vermuten, dass viele Menschen das Grundeinkommen dazu nützen würden, faul herum zu hängen und nichts beizutragen fürs Gesamte. Nur, alle bisherigen Experimente haben gezeigt, dass dies nicht oder kaum passiert. Die heftigsten Gegner des Grundeinkommens kommen übrigens aus der Ecke der Wohlhabenden und der Wertekonservativen. Warum wohl….?
Ich bin ein erklärter Fan des bedingungslosen Grundeinkommens. Schon seit vielen Jahren. Vor längerer Zeit habe ich einmal an einem 3 tägigen Planspiel zum Grundeinkommen teilgenommen und was da passiert ist, mit mir und den anderen rund 100 TeilnehmerInnen, werde ich nie in meinem Leben vergessen. Die Stimmung, die dort entstand, kann man als elektrisierend bezeichnen, sie war voll Hoffnung und dem Gefühl des Aufbruchs. Uns allen war klar, ein bedingungsloses Grundeinkommen verändert die Gesellschaft. Zum Besseren.
Heute, als ich vom geplanten Experiment der Finnen las, hab ich wieder einmal darüber nachgedacht, was ich tun würde, wenn ich dieses Grundeinkommen erhalten würde, wenn Monat für Monat meine Existenz gesichert wäre…..
Ich würde sofort radikal mein Leben ändern. Zuerst würde ich eine landwirtschaftliche Ausbildung machen, dann würde ich meinen kleinen Hof in Ungarn (der heute nur Urlaubsort ist) zum Lebensmittelpunkt erklären und mit voller Kraft meine Selbstversorgung hochkurbeln. Vielleicht würde ich dazu eine kleine Manufaktur eröffnen und Marmeladen, Chutneys, vegane Aufstriche, Kompotte, Pestos, Öle, Essig, aber auch Kosmetika produzieren und vertreiben. Außerdem würde ich malen, mit Ton arbeiten und Skulpturen herstellen.
Mit meinem Hof hätte ich auch die Möglichkeit einen Ort zu schaffen, an dem Menschen Herberge und Schutz erhalten, denen es gerade nicht so gut geht. Ich könnte mir vorstellen 2-3 Zimmer zu schaffen für Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten oder auch für einen alten Menschen, der nicht mehr alleine leben kann. Außerdem würde ich gequälte Hunde retten, aufpäppeln, ihr Vertrauen zu Menschen wieder herstellen und sie an gute Plätze zu vermitteln.
Ich würde mich frei fühlen. Könnte alles ausprobieren, was mich interessiert. Könnte Projekte entwickeln, können etwas riskieren, könnte Ideen auch wieder verwerfen, könnte mich laufend weiter entwickeln, fern von Einschränkungen und (faulen) Kompromissen.
Möge das finnische Experiment gelingen!
Katrin meint
Vielen Menschen würde das Grundeinkommen endlich wieder etwas mehr Lebensqualität bieten. Allein dies wäre schon ein Grund, um weiter über so etwas hier bei uns nachzudenken.